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Channel: Gudrun, Autor bei Spinnradgeschichten
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Die Sprache, oder warum ich gestern in der Nikolaikirche und auch noch anderswo war?

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die Sprache aus der Sicht Victor KlemperersAch ja, die Sprache. Irgendwie habe ich gerade jetzt das Gefühl, dass sie mir wirklich am Herzen liegt, und genau so auch das Wie und Warum jemand etwas genau so sagt, wie er es eben tut. Aber der Reihe nach.

Gestern war wiedermal besonderer Montag. Es trafen sich die „Patrioten“ aus Leipzig und Umgebung mal wieder in meiner Stadt, um unter dem Deckmäntelchen der freien Meinungsäußerung als „besorgte Bürger“ ihren Fremdenhass abzulassen. Ich mach mir die Mühe und höre mir im Nachgang die Reden und die Sprüche an. Genau. Ganz genau.
Die Route ihres „Spazierganges“ sollte in die Nähe des Erstaufnahmelagers führen.

Auf der Demo habe ich nicht viel von den Abendlandsrettern hinter dem Transparent mit der hässlichen Schriftart mitbekommen. Viele Menschen waren es auf der Gegenseite, die dem Aufruf zur Demo „Willkommen in Leipzig“ gefolgt waren, den Abendlandrettern und „Asylkritikern“ zum Trotz. Der jungen Frau, die in der Hitze und im Gedränge eine Strühflasche mit Wasser auspackte, bin ich heute noch dankbar. Es half, wenigstens etwas einen kühlen Kopf zu behalten.
Neben mir liefen Studis und Familien mit Kindern, Sebastian Krumbiegel von den Prinzen, Pfarrer Christian Wolff und andere.

Es wird Herbst und ich spüre verdammt deutlich, dass mich das Rheuma in die Zange nimmt. Also bin ich gestern dahin gegangen, wo es etwas „gemächlicher“ zugehen wird. Zu kämpfen hatte ich mit mir trotzdem noch. Diverse Rheumamittelchen halfen nur bedingt.
Hingehen musste ich aber, weil es diesmal ein breites Bündnis gab. Das gefällt mir und das finde ich auch dringend nötig. Ich war zu zeitig da und habe das Friedensgebet in der Nikolaikirche mit erlebt. Nein, ich bin kein Christ und werde auch nie einer werden, aber da wo es Gemeinsamkeiten gibt, da werde ich sie auch leben. Das Motto der anschließenden Demo, „Willkommen in Leipzig“, für etwas zu sein, hat mich sehr angesprochen und wenn die Sprache derer gegen Rassismus Gemeinsamkeiten aufweist, ist das nicht nur verbindend, auch Kraft spendend.

Die Sprache des Rassismus, Rede Burkhard JungDie Worte, die unser Oberbürgermeister gestern sagte, gingen mir nahe.
„Schleichend kommt der Rassismus in unsere Stuben, in unsere Kinderzimmer. Wir müssen dagegen halten. Haltet dagegen!“ Ja, so sehe ich das auch. Als Jung das Zitat von Martin Niemöller vorliest, ist es für einen Moment still.
Es wäre gut gewesen, wenn der Oberbürgermeister, Vertreter der Gewerkschaften, der Parteien und auch der Kirchen öfter an solchen Montagen da gewesen wären.

Vorhin habe ich mir endlich Victor Klemperers Buch „LTI – Notizbuch eines Philologen“ bestellt. Es geht um die Sprache des dritten Reiches. Ich werde lesen, damit ich die Worte derer bewerten kann, die das Abendland und die deutsche Sprache verteidigen und schützen wollen. Schon wieder einmal! Neu ist das ja nun nicht.
Ob mein ehemaliger Kollege, Deutsch- und Noch-was-anderes-Lehrer und jetzt tätig in einer patriotischen Vereinigung, Klemperers Buch auch gelesen hat?

wenn die Sprache zum Gift wird

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