Schwank aus der Jugend? Meine Freundin musste sich gestern eine Tirade an „Schwänken“ anhören.
Sie ist bekennender Burgen-, Köster- und Schlösser-Fan. Von solchen Gemäuern gibt es hier in Mitteldeutschland viele. Ich möchte nicht überall hin, aber gestern, da reizte es mich schon sehr. Meine Freundin holte mich ab zu einem Ausflug an einen Ort, den ich immer in guter Erinnerung behalten habe.

Das ist das Schloss Windischleuba bei Altenburg. Das Schloss liegt in einer Senke, so dass es von der Ferne fast nicht zu sehen ist. Nur der Turm ragt etwas über die Häuser des Dorfes. Wir hatten das Auto etwas weiter abgestellt. Auf dem Weg zum Schloss kam ich mir vor wie damals, als ich täglich den Weg von der Schule nach Hause ging, ins Schloss.
Schon auf dem Weg zum Schloss musste sich meine Freundin so manchen Schwank aus der Jugend anhören. Für mich waren das alles schöne Erinnerung und es ist gut, wenn man sich daran öfter erinnern kann. Unangenehmes haftet manchmal so am Bein wie die Kugel am Gefangenem. Da können gute Erinnerungen die Ketten gut lockern.
In dem Haus rechts, hinter den beiden dicht nebeneinanderliegenden und rotbraun ummalten Fensten habe ich geschlafen.

Da oben, neben dem Türmchen, war eine kleine, feine Ecke hinter einem Raumteiler. Dort habe ich unheimlich gerne gelernt, alleine und in aller Ruhe, an einem wundervoll geschnitztem Tisch, neben feiner Holztäfelung. Wenn man mich erwischte, musste ich in den Arbeitsraum zurück. Ich bin trotzdem immer mal wieder entwischt.
Viel Glück hatte ich, was meine eigene Bildung anbelangte. Hier im Schloss wohnen zu dürfen, in Ruhe und ohne Sorgen mein Abi machen und danach studieren zu können, als Tochter eines Polizisten und einer Verkäuferin, das war damals möglich. Und dafür bin ich sehr dankbar.
Das Internatsleben war gut. Ich war gern in Gemeinschaft, hatte meine Freunde. Überhaupt waren wir eine ganz gut eingespielte und verschworene Gemeinschaft. Das miteinander Auskommen, aber auch das für einander Dasein habe ich hier gelernt.
Da oben auf dem Turm hat unser Physiklehrer ein Teleskop aufgestellt und es gab dann Astronomieunterricht der besonderen Art.

Einen kleinen Schwank aus der Jugend will ich schon mal hier erzählen.
Zwischen den beiden vorderen Türmchen befindet sich ein Gang, der das Haupthaus mit einem ehemaligen Pulverturm verbindet. Da waren nur Holzbohlen über dem Wallgraben.
Eines Abend verfinsterte sich der Himmel. Es wurde schlagartig dunkel und es begann ein Gewitter vom Feinsten. Blitze liefen im Hof an der alten Eiche herab. Als dann der Strom ausfiel mussten wir uns alle im Kreuzgang versammeln.
Ich bekam den Auftrag, mit noch einem Mitschüler Tragen und Sanitätstaschen aus dem Pulverturm zu holen. Wir zogen los, über genau die Holzdielen zum Pulverturm. Ich bin kein ängstlicher Mensch, aber unter uns zischten Blitze in den Wallgraben, wieder und immer wieder, begleitet von tosendem Sturm und lautem Donner. Das war das einzige Mal, dass ich Angst vor Gewitter hatte. Aber auch das ging vorbei.

Als ich mit meiner Freundin um das Schloss „wanderte“ kamen wir an einem eingezäunten kleinen Gärtchen vorbei. Der gehörte früher zum Internat. Dort wurden Kräuter, Zwiebeln, Radieschen angebaut, aber auch Erdbeeren.
Jeder von uns hatte auch in der Woche so etwas wie eine Arbeitsstunde für die Gemeinschaft zu leisten. Ich war im Chor und damit war das eigentlich schon abgegolten. Andere moserten aber, dass wir mit der Trällerei zu einfach wegkämen. Und so mussten wir eines Tages in den Internatsgarten. Anstatt die Hacken zu schwingen, machten wir uns über die Erdbeeren her. Es gab schon ordentlich Theater danach, aber in den Garten durften wir nie wieder.

Ich könnte noch so viel erzählen, denn es strömten so viele Erinnerungen auf mich ein. Es soll aber mal genug sein mit Schwank aus der Jugend und so. Ich bewahre sie gut. Nach Hause gefahren bin ich mit einem breiten Lächeln im Gesicht.
Ach ja, das Schloss ist jetzt Jugendherberge. Gestern war alles verriegelt und verrammelt. Meine Freundin machte den Vorschlag, dass wir uns doch mal für zwei Tage hier einquartieren sollten. Dann könnte ich auch das Schloss noch einmal von innen sehen und noch einmal da schlafen.
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