Manchmal braucht man keine aktionsreiche Beschäftigung. Anders gesagt, es tut gut, einfach nur zu sitzen und zu schauen. Auf jeden Fall ist es mir nie langweilig im Garten, denn irgendwas ist immer los. So, wie seit Tagen, wenn am Abend meine neue Freundin zu Besuch kommt.


Ein lautes Geflatter ließ mich aufschauen. Zack, Landung.
„Hehe, wer bist du denn?“
„Und du?“
Eine Zeitlang haben wir uns nur beobachtet. Schließlich musste man ja mal schauen, mit wem man es zu tun hat.
Ich wusste allerdings schon, dass da jemand kommt und sich die Körnchen, die ich verloren hatte, wegputzt. Gesehen hatte ich bis dahin niemand. Seit diesen Tagen am Wochenende weiß ich, wer das ist.
Die Taube muss schon länger hier sein. Im Winter hatte ich Futter gemacht für die Vögel, die am Boden fressen. Der Napf war im Nu leer. Dass es freilich ein größerer Vogel sein musste, der sich gütlich tat, war mir klar.
Gut, nun lernten wir uns also kennen.
Manche mögen keine Tauben im Garten. Sie könnten ja etwas wegfressen und viele Vorurteile bezüglich Krankheiten gibt es auch.
Zu mir darf sie kommen. wahrscheinlich weiß das meine neue Freundin auch. Deshalb sucht sie sich in aller Ruhe ihr Futter und kommt mithin zum Trinken an den Gartenteich. Sie lässt sich durch mich nicht stören.
Da sitze ich mitten im Garten und sehe einer Taube zu. Meine Füße sind vom Barfußgehen so schmutzig, dass ich eine Bürste brauchen werde. Meine Haare sind zerstrubbelt und das T-Shirt ist sowieso immer schmutzig. Irgendwie schaffe ich es in unbedachten Momenten, mir die Hände daran abzuwischen. Eine Zierde bin ich also nicht und es ist mir allerdings auch reichlich egal.
Ich sehe einer Taube zu und ihre Ruhe und Gelassenheit wird auch meine. Das ist kein kleines Glück. Das ist ein Großes.



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